
Wir befinden uns in der entscheidenden letzten Partie des Duells SV 1930 Hockenheim – SF Berlin 1903 aus der 12. Runde der Berliner Endrunde. Beim Stand von 3,5:3,5 scheint Ivan Saric am dritten Brett sein Turmendspiel mit Minusbauern gegen den Berliner Jacek Tomczak locker Remis zu halten, wodurch der Mannschaftskampf ebenfalls unentschieden ausgegangen wäre.
Weiß hat gerade 72.Tb2 gespielt. Er würde gerne mit seinem König die a-Linie verlassen, um danach seinen Freibauern nach vorne zu bringen. Dass muss Schwarz natürlich verhindern, und dementsprechend würde ein Zug wie 72…Kc7 Weiß darin hindern, Fortschritte zu machen. Denn nach 73.Tc2+ Kd7 74.Kb7 Tb2+ müsste der König wieder zurück in die a-Linie.
Auch die meisten Turmzüge würden hier Remis halten, doch Schwarz hatte einen totalen Blackout und spielte 72…Kd7??, wonach Weiß sein Ziel mit 73.Kb7 erreicht und kurze Zeit später die Partie und damit den Mannschaftskampf gewann.
Dieser Mannschaftssieg war lange Zeit überhaupt nicht absehbar, denn dem jungen Berliner Emil Schmidek misslang an Brett 8 gegen Alexander Moiseenko die Eröffnung komplett und so lag Berlin früh hinten.
Um so einen Rückstand gegen die starke und bisher souverän aufgetretene Großmeister-Mannschaft aus Hockenheim, die an den meisten Brettern um die 100 Elo Punkte Favoriten waren, aufzuholen, bedarf es schon eines kleinen Wunders. Die Berliner schafften es, alle Stellungen in denen sie etwas schlechter standen, Remis zu halten und Szymon Gumularz sollte der weitere Berliner Held werden. An Brett 5 stürmte sein Gegner Dennis Wagner mit Schwarz mutig mit seinen Königsflügelbauern nach vorne.

Zu mutig, wie sich nach 27.e4! herausstellte. Die Stellung öffnete sich und der Schwarze König fühlte sich bald nicht mehr sonderlich sicher. Auch wenn Schwarz noch versuchte taktische Verwicklungen zu erzeugen, hatte Gumularz irgendwann vier(!) Bauern für die Qualität und brachte die Partie souverän nach Hause.
Damit stand am Ende ein völliger unerwarteter 4,5:3,5 Sieg der Berliner gegen Hockenheim, wodurch das Meisterschaftsfinale noch spannender als ohnehin schon geworden ist, da zeitgleich auch Baden-Baden mindestens genauso überraschend verlor und Deizisau auf einen Punkt an das Führungsduo aufschloss.
Autor: David Riemay